BREXIT
06.02.2016 00:00Bildquelle: Liu Rui/www.globaltimes.cn
Es ist ja noch gar nicht so lange her, dass die Schotten mit den Englishmen Erbarmen hatten und denen mehrheitlich nicht die kalte Schulter zeigten. David Cameron war damals ziemlich erleichtert. Aber es gärt nicht nur in Schottland, es gärt auch bei den Engländern. Inzwischen wurde es eine komfortable Mehrheit, die die EU nicht mögen und sich vom Kontinent wieder scheiden lassen wollen. Zwar hatten die Briten schon vor ihrem EU-Beitritt im Jahr 1973 für sich Extrawürstel aushandeln können und auch Margret Thatcher machte später klar, was sie von einem stärkeren politischen Zusammenrücken hielt: nämlich gar nichts, aber die EU wurde auf der Insel dennoch immer unbeliebter.
Angesicht der immer weiteren Ausdehnung der Europäischen Union auf inzwischen 28 Mitgliedsstaaten und der damit einhergehenden Unbeweglichkeit in Entscheidungsfindungen fragen sich natürlich auch bei uns viele Menschen, ob diese EU – ein Riese auf tönernen Beinen – überhaupt noch Sinn macht. Waren es erst die finanzmaroden Südstaaten – allen voran Griechenland – die die EU vor eine große Zerreißprobe stellte, so ist es aktuell eine gewaltige Immigrationswelle, die uns wieder eindrucksvoll die innere Lähmung infolge völliger Zerstrittenheit und fehlender Solidarität demonstriert.
Dennoch sollten wir uns darüber klar sein, dass die EU für uns alle wesentliche Erleichterungen gebracht hat: So macht der Schengenraum (jedenfalls bis die orientalischen Muselmannen kamen) barrierefreies Reisen möglich. Mit meinen Euros kann ich in vielen Ländern zahlen, ohne bei jedem Geldwechsel Geld zu verlieren. Das grenzüberschreitende Telefonieren wurde billiger – dank EU, auch zahlen wir Österreicher – bisher jedenfalls – im ganzen Euroraum bei Geldbehebungen an Bankomaten keine Gebühren. Auch das Internet-Shopping wurde durch den Wegfall von Zöllen einfach und Banküberweisungen mittels IBAN funktionieren in der ganzen EU so problemlos wie im Inland und ohne Extrakosten. Das sollte man nicht vergessen.
Sollten die Engländer sich heuer oder spätestens 2017 für einen Austritt aus der EU entscheiden, so wäre das sicher keine erwünschte Entwicklung, aber auch kein „Beinbruch“. Die Ur-EWG mit nur sechs Mitgliedern war ja einst eine sehr effektive Gemeinschaft und erst mit den kommenden Erweiterungen wurde es immer schwieriger. Schon länger werden daher Überlegungen zu einer „EU der verschiedenen Geschwindigkeiten“ geäußert, was ja ganz in die Richtung einer Bildung von neuen Blöcken weist.
Und noch immer stehen Staaten in den Startlöchern zu einer EU-Mitgliedschaft wie Serbien, Montenegro und auch die Türkei. Mit letzterer zieht sich dieser Beitrittsprozess ja schon lange hin wie ein Strudelteig. Es bestehen Ressentiments und Sultan Erdogan macht es für die EU-Verhandler sicher nicht leichter. Auch bei uns ist der Widerstand gegen einen Beitritt der Türkei groß und wird eher größer, nicht nur bei Politkern, auch beim „kleinen Mann“. Türkische Erpressungsversuche mit Geld gegen Migranten finden bei uns wenig Anklang. So rechne ich damit, dass die Türkei kaum jemals EU-Mitglied sein wird und wenn doch, dann wäre es das Ende der EU.