Österreicher haben Sehnsucht nach „starkem Mann“
20.04.2017 00:00ORF.at, 20.04.2017: Viele Österreicher sehnen sich laut einer Umfrage nach einem starken Mann an der Spitze des Landes. Aus Sicht von 43 Prozent der Befragten wäre es „sehr“ oder „ziemlich“ wünschenswert, wenn ein solcher Politikertyp regierte. Das geht aus einer heute vorgestellten Umfrage im Auftrag des Zukunftsfonds hervor.
Nicht jeder Freund einer autoritären Führung ist für einen Systemwechsel weg von der Demokratie. Das gelte aber für 23 Prozent der Bevölkerung mit durchaus totalitären Einstellungen, meint der Historiker Oliver Rathkolb, der die Umfrage wissenschaftlich begleitete. „Das ist extrem hoch.“
Der Vergleichswert von vor zehn Jahren lag bei 14 Prozent. Wesentlicher Grund für die steigende Sehnsucht nach einem starken Mann oder gar dem Abschied von der Demokratie sei die Verunsicherung vieler Menschen durch die Globalisierung.
Demokratie bleibt beste Regierungsform
Für die überwiegende Mehrheit bleibt die Demokratie die beste Regierungsform. Generell habe die Demokratie in den vergangenen zehn Jahren aber Zustimmung verloren, sagte Rathkolb. Dieser Trend gelte nicht nur für Wähler vom politischen Rand, sondern für eine oft schweigende, durch Perspektivelosigkeit frustrierte Gruppe. „Politische Apathie führt zu totalitären Systemen“, sagte Rathkolb.
Den Trend zum mit starker Hand regierenden Mann unterstreicht auch die Aussage zum wachsenden Bedürfnis nach „Recht und Ordnung“. Ein stärkeres Vorgehen gegen Unruhestifter und Außenseiter könnten sich 61 Prozent der Befragten vorstellen. Dahinter verbirgt sich nach Überzeugung von Rathkolb vor allem eines: Angst. „Es zeigt die Sorge der Menschen, in turbulenten Zeiten unter die Räder zu kommen“, so der Forscher, der an der Universität Wien lehrt.
Junge finden, Nationalsozialismus hat „nicht nur Schlechtes“ gebracht
Politische Führung meine dabei nicht automatisch das Modell der Rechtspopulisten. Solche Ergebnisse könnten zwar potenziell Rückenwind für FPÖ, AfD und Front National bedeuten. „Aber das hängt immer vom Angebot der anderen ab“, sagt Rathkolb. Auch eine demokratieorientierte Führung, die ruhig, nachhaltig und glaubhaft das soziale Gefüge aufrechtzuerhalten suche, könne attraktiv sein.
Die Umfrage zeigt auch, dass insbesondere bei vielen Jüngeren keine substanziellen historischen Kenntnisse vorhanden sind. Unter den unter 35-Jährigen sind 55 Prozent der Meinung, dass der Nationalsozialismus Österreich nicht nur Schlechtes gebracht habe.
Das ist der höchste Anteil in allen Altersgruppen. Trotz aller Ausstellungen, Initiativen, Gedenkstätten und Bemühungen im Unterricht komme das Thema offenbar nicht an, meint Rathkolb. „Da läuft irgendetwas schief.“ 40 Prozent aller Befragten sind der Meinung, dass man einen Schlussstrich unter die Debatte zum Holocaust ziehen sollte.
Kommentar:
Dass die Beliebtheit der demokratischen Staatsform nachlässt, liegt nicht nur an den immer entfernteren Zeiten mit Diktatur in unseren Landen, die den jüngeren Menschen nur noch vom Hören-Sagen bekannt sind sondern mehr noch an sich ewig wiederholenden Koalitionsregierungen, die in der Wahrnehmung der Bevölkerung "nichts weiterbringen" (was so auch nicht ganz stimmt) und an farblosen Politikern in den Führungsfunktionen (Faymann war ja der absolute Tiefpunkt, Mitterlehner ist auch nicht viel besser).
Dazu kommen noch Ereignisse wie die Migrationswelle im Herbst 2015, der die Leute recht hilflos gegenüber gestanden sind oder sich gar noch naiv und blauäugig mit "Refugees welcome"-Taferl hingestellt haben. Gerade in dieser Zeit hatten sich viele von den Regierenden klare und rasche Reaktionen erwartet - und wurden sehr enttäuscht.
Dass die Jungen am Nationalsozialismus "nicht nur Schlechtes" finden, muss nicht unbedingt nur am mangelnden Geschichtswissen liegen. Vielmehr erkennen viele, dass Politik und Medien manipulativ informieren, dass die Initiativen, Ausstellungen , Gedenkstätten möglicherweise nicht so objektiv und umfassend informieren, dass möglicherweise einseitig dargestellt wird nach dem Motto: "Nazi können nur schlecht gewesen sein", was als zu plump und plakativ empfunden werden könnte. Übrigens sagten das meine Eltern und Großeltern Zeit ihres Lebens auch. Und die waren live dabei.....
Fazit: Es bedarf einer wirklich sachlichen Aufarbeitung unserer Vergangenheit und keiner hysterischen Anti-Nazi-Demagogie.