Solare Fernwärme – Entwicklungen und Trends (am Beispiel Dänemark)

18.04.2016 00:00

Das 37.000 m2 große Solarkollektorfeld in Dronninglund


Saisonaler Erdbeckenwärmespeicher mit dem Solarkollektorfeld im Hintergrund

(Fotos: Dronninglund Fjernvarme)

 

Dänemark (Dänemark): Marstal | Das süddänische Energieversorgungsunternehmen Marstal Fjernvarme A.m.b.a gilt als Vorreiter bei der Realisierung integrativer Energieversorgungsnetzwerke mit saisonalen Wärmespeichern. Dort wurde bereits 1996 eine solare Großanlage errichtet und 2003 um einen 10.000 m3 Erdbeckenspeicher erweitert. Seit 2012 speisen insgesamt 33.365 m2 thermische Solarkollektoren gekoppelt an zwei Erdbeckenspeicher mit 10.000 m3 und 75.000 m3 sowie eine 1,5 MW Kompressionswärmepumpe mit CO2 als Kältemittel in das Fernwärmenetz der Stadt.


Andere kommunale und kleinstädtische Fernwärmeversorgungsunternehmen profitieren von den langjährigen Erfahrungen aus Marstal, was in der Folge zur Planung und Umsetzung noch größerer Solarsysteme mit solaren Deckungsgraden im Bereich von 45 bis 55 % beigetragen hat. Daneben werden auch bestehende Fernwärmenetze basierend auf Erdgas-Kraft-Wärmekopplungs(KWK)-Anlagen um große Solarkollektorfelder erweitert sowie neue Anlagenkonfigurationen erprobt. In Summe resultiert aus diesen Entwicklungen ein in Dänemark überproportional wachsender Markt im Bereich solargestützter Fernwärmenetze.


Dänemark ist das einzige Land weltweit mit einem kommerziellen Markt für solare Großanlagen. Mit Mai 2015 waren insgesamt 61 Anlagen mit einer thermischen Gesamtspitzenleistung von 403 MW bei fast 580.000 m2 Kollektorfläche in Betrieb und weitere 28 Anlagen für 395 MW Spitzenleistung bei 564.000 m2 Kollektorfläche befinden sich derzeit in Bau oder Planung. Die bestehenden 61 Anlagen haben eine durchschnittliche Kollektorfläche von 9445 m2. Die 28 projektierten Anlagen brechen aber mit durchschnittlich rund 40.000 m2 alle Größenrekorde.

Die Entwicklung ist umso bemerkenswerter, da es in Dänemark keine direkten staatlichen Förderungen gibt, wie sie in Deutschland oder Österreich unerlässlich erscheinen.

Was sind sind die Faktoren für diese beispiellose Erfolgsstory?


Der Wettbewerb zweier dänischer Kollektorhersteller führte zu sinkenden Preisen. Heute werden Turn-key-Lösungen um etwa 200 €/m2 angeboten, wobei dieser Preis für die größten Systeme exklusive Erdspeicher gilt.

Fernwärme-Betreibergesellschaften erhalten erhalten Darlehen mit langen Rückzahlzeiten und sehr niedrigen Zinsen und die Kommunen garantieren dafür, das heißt sie übernehmen die Bürgschaften.

Fernwärme-Betreibergesellschaften sind oft im Besitz der Verbraucher. Daher ist nicht der Profit für Stakeholder sondern die Bereitstellung von Wärme zu geringstmöglichen Gesamtkosten das Ziel. Die Betreibergesellschaften sind somit Non-Profit-Unternehmen.

In Dänemark gibt es hohe Steuern auf Gas. In einigen kleinen, dezentralisierten , gasbetriebenen KWK-Anlagen laufen die Kessel bei niedrigen, mittleren und hohen Strompreisen. Die Strompreise sind im Sommer niedriger als im Winter, was bedeutet, dass ein solares Fernwärmenetz, das z.B. 20% des jährlichen Verbrauchs deckt, den teuren Kesselbetrieb substituieren kann.

Alle Fernwärmegesellschaften müssen jedes Jahr bestimmte Wärmeeinsparungen erreichen, solare Wärmeproduktion zählt als Wärmeeinsparung und es ist möglich, damit zu „handeln“. Dadurch generiert das solare Fernwärmesystem einen Wert, der entsprechend der solaren Wärmeproduktion eines Jahres etwa 50 €/MWh beträgt.

Neue Player am Markt


Kollektoren der beiden dänischen Unternehmen Arcon und Sunmark sind derzeit fast die einzigen Marken, die in den Großsolaranlagen verbaut wurden. Aber andere Mitbewerber treten in den dänischen Markt ein. Ein bestehendes 9700 m2 Kollektorfeld in Logumkloster wird beispielsweise um 5600 m2 Kollektorfläche vom finnischen Hersteller Savosolar erweitert. In Thisted demonstriert das dänische Unternehmen Aalborg CSP den Einsatz von Parabolrinnen-Kollektoren. Ein weiteres System mit solchen sogen. konzentrierten Kollektoren wird in Taars als Teil eines hybriden solaren Fernwärmesystems mit einem Mix aus 6000 m2 Flachkollektoren und 4000 m2 konzentrierten Kollektoren errichtet. Bei diesem System wärmen die Flachkollektoren das Wasser vor, bevor die konzentrierten Parabolrinnen-Kollektoren die Temperatur auf das erforderliche Niveau heben, was zu einer höheren Kollektoreffizienz führt.

Saisonale Erdbeckenwärmespeicher


Solare Deckungsanteile dänischer Anlagen ohne saisonale Wärmespeicherung liegen im Bereich von 5 bis 20%. Höhere solare Deckungsanteile sind nur mittels Langzeitwärmespeicherung möglich, wobei sich Erdbeckenwärmespeicher als funktionale und sehr kostengünstige Möglichkeiten zu etablieren scheinen. Ein wichtiger Faktor für die Realisierung ist die Tatsache, dass ein neues Liner-Material zur Abdichtung und Abdeckung des Speichers auf den Markt gekommen ist, das 20 Jahre Haltbarkeit haben soll. Die Investitionen in solche großen saisonalen Wärmespeicher sollen nicht nur zur Transferierung von Wärme vom Sommer in den Winter dienen, sondern sie eröffnen zusammen mit unterschiedlichen Technologien der Energieerzeugung neue Möglichkeiten der Optimierung des Systembetriebes und helfen damit, die Gesamtkosten zu senken. Solche Erdwärmespeicher fungieren auch als Puffer und können damit Zeiten mit hoher Wärmeerzeugung von Zeiten hohen Wärmebedarfs entkoppeln.

Einen Vorteil bietet der Einsatz von Wärmepumpen zusammen mit Erdbeckenwärmespeichern. Dadurch wird der untere Bereich des Erdspeichers gekühlt und die tieferen Temperaturen, die dann für den Solarkollektor zur Verfügung stehen, erhöhen die Kollektoreffizienz. In Dronninglund entzieht eine Absorptionswärmepumpe dem Erdbeckenspeicher die Restwärme, wenn diese zu gering wird, um das Fernwärmenetz versorgen zu können. Auf ähnliche Weise kann auch eine elektrisch betriebene Wärmepumpe genutzt werden, wie sie in Marstal eingesetzt ist.

Das zuletzt errichtete und größte solare Fernwärmesystem wurde kürzlich mit einer Solarkollektorfläche von etwa 70.000 m2 und einem Erdbeckenspeichervolumen von 203.000 m3 in Voljens in Betrieb genommen. Die solare Deckung in diesem Standort soll 45 – 50% erreichen.

Neue Anwendungsfelder


Obwohl die Entwicklung sehr großer Solarkollektorfelder und die von großen Wärmespeichern eng zusammenhängt, kann der Einsatz auch getrennt erfolgen. Ein Beispiel ist der Einsatz eines Erdwärmespeichers mit 100.000 m3 für die Beladung mit Wärme aus der Fernkälteerzeugung in den Außenbezirken von Kopenhagen. Wärme aus solchen Speichern können den teuren Spitzenlastbetrieb ersetzen. Eine interessante Möglichkeit für die Nutzung von Speichern bietet die Errichtung zusammen mit einer Biomasse-Kraft-Wärmekopplungs-Anlage. Damit kann die Anlagenleistung geringer sein und damit Kosten gespart werden.

In städtischen Bereichen werden auch Fernwärmenetze mit mehr als 100.000 m2 ohne saisonale Speicher geplant, da der Wärmeverbrauch in Städten viel größer ist und bei einem solaren Deckungsgrad von 20% Speicher nicht erforderlich sind.

Autor: Daniel Trier M.Sc. (Projektmanager PlanEnergi), bearbeitet von A. Moser

Aus: Erneuerbare Energie 2015-3 der Arge Erneuerbare Energie